Wie betreibt man den Athlon XP passiv?

Man hört ja sehr viel von den speziellen AMD-Steppings, die sich hervorragend übertakten lassen. In der Overclocker-Szene sind die Begriffe "AQXEA", "AQZFA" oder "AQZEA" mindestens genau so bekannt wie die Spieler von Real Madrid oder die Modellnamen von Mercedes oder Volkswagen. Dies ist auch nachvollziehbar, so sagen doch die Steppings viel darüber aus, ob man einen Athlon XP gut oder weniger gut übertakten kann. Und dem ist auch so, denn in regelmäßigen Abständen hört man von Lesern, die Ihren Athlon XP sehr weit übertaktet haben, wie man es von einem AMD-Prozessor nicht unbedingt erwartet. Dies liegt unter anderem daran, dass die Athlon XP-Prozessoren mit einem solchen speziellen Stepping auch mit einer Spannung (V-Core) von 1,50V betrieben werden könnten, anstatt der üblichen 1,65V. Dementsprechend ist das Overclocking-Potential eines solchen Prozessors.

Das System
Prozessor AMD Athlon XP 2500+ AQXEA
Lüfter Titan 5 kugelgelagert, 3x Gehäuselüfter
Mainboard MSI KT4V
Arbeitsspeicher 786 MB DDR PC333 (1x256 + 1x512)
Grafikkarte Radeon 9600 128 MB (325/400)
Festplatte Samsung 80 GB
Laufwerke 16x DVD, 8/4/32 CD-RW, 2,4x DVD-RW+
Netzteil NoName 300 Watt


Nun, Artikel über das Overclocking gibt es ja wie Sand am Meer und meinen Athlon XP 2500+ mit AQXEA-Stepping habe ich bereits bis ans Maximum übertaktet. Dann kam mir aber die Idee, die ganze Sache einmal andersherum anzugehen, nämlich den Prozessor bis auf das Minimum zu takten, um ihn dann gegebenenfalls komplett passiv zu kühlen. Der Grund für diese Überlegung kam mir, weil mein Rechner ziemlich laut ist und ich mir schon seit längerem Gedanken gemacht habe, wie ich dieses ohne den Erwerb einer teuren Wasserkühlung umgehen kann. Und da ich meinen Prozessor nur in seltenen Anwendungen bis an die Grenze bringe (eigentlich nur in Spielen), konnte ich auch getrost auf die Mhz-Power verzichten. Dazu später aber mehr.

Athlon XP 2500+ auf 600 Mhz runtertakten

Im BIOS angekommen habe ich dann den FSB auf 100 Mhz und den Multiplikator auf 6,0 gesetzt, so dass mir dann der Monitor beim nächsten Boot einen Athlon XP mit stolzen 600 Mhz anzeigte. Dieses ist aber nur möglich gewesen, da ich einen Athlon XP besitze, der noch vor der 39 Kalenderwoche produziert wurde und somit das Einstellen des Multiplikators ermöglichte. Gerne hätte ich auch die V-Core heruntergesetzt, aber mein Mainboard unterstützte lediglich die niedrigste Spannung von 1,625V.

Athlon XP 2500+ im Passiv-Betrieb
Windows zeigts an: Athlon XP mit 600 Mhz

Nachdem ich kurz die Eigenschaften vom Arbeitsplatz angeschaut habe, um sicher zu gehen, dass es auch wirklich 600 Mhz waren, überprüfte ich sofort die Temperaturen, welche auch drastisch gesunken sind. Hatte ich im Standard-Takt (1833 Mhz) noch ca. 36°C im Idle- und ca. 40°C im Volllast-Betrieb, so konnte ich bei 600 Mhz gerade einmal 26°C verbuchen. Was mich aber verblüffte war, dass der Prozessor bei dieser Taktrate auch unter Volllast kaum wärmer wurde. Nach einem 30 minütigem Burn-In, wo der Prozessor unter 100% Auslastung betrieben wird, stieg die Temperatur lediglich um ein Grad auf 27°C.

Athlon XP 2500+ im Passiv-Betrieb

Athlon XP 2500+ im Passiv-Betrieb

Links im Normalbetrieb, rechts unter Volllast. Die Temperatur bleibt fast konstant

Enttäuschend ist wirklich der Aspekt, dass man mit dem MSI KT4V die V-Core nicht frei einstellen kann. Sicherlich könnte man einen Athlon XP 2500+ bei einem Takt von 600 Mhz mit vielleicht 1,0 oder 1,1 V betreiben können, was die Temperatur noch weiter hätte sinken lassen. Trotz alledem ein gutes Ergebnis mit einer Luftkühlung.

Temperaturen im Vergleich
Taktrate Idle Volllast
XP 2500+ @ 1833 Mhz 36°C 40°C
XP 2500+ @ 600 Mhz 26°C 27°C

Leistung bei 600 Mhz

Natürlich sollte man auch nicht die Leistungsfähigkeit außer Acht lassen, denn welchen Vorteil zieht man daraus, wenn der Rechner zwar absolut lautlos ist, die Rechenleistung aber fehlt und das komplette System zu langsam ist.  Aus diesem Grund habe ich den Rechner diversen Benchmarks unterzogen. Zuerst möchte ich aber meinen persönlichen Eindruck wiedergeben: 600 Mhz hören sich in der heutigen Zeit sehr wenig an, aber man sollte diese nackte Zahl nicht überbewerten. Zum einen benötigen viele alltägliche Anwendungen keine 2 Ghz-Prozessoren, sondern begnügen sich auch mit deutlich schwächeren CPUs. Ein anderer Punkt ist, dass man automatisch an irgendeinen alten Rechner mit 600 Mhz denkt und die Leistung mit diesem vergleicht. Das ist aber falsch, denn in einem solchen Rechner steckt nicht nur ein alter Prozessor, sondern auch veraltete Peripherie wie Arbeitsspeicher, Chipsatz, Mainboard, etc., was den kompletten Recher ziemlich ausbremst. Da ich aber ein aktuelles System habe und lediglich den Takt des Prozessors auf 600 Mhz reduziert habe, kann man dies nicht mehr mit einer "solch ollen Möhre" vergleichen.

Aus diesem Grund merkt man auf den ersten Anblick nicht, dass der Prozessor nur mit einem Drittel seiner herkömmlichen Taktrate taktet und man muss erstmal die Datenblättern glauben, die einem der PC anzeigt. Windows XP bootet normal und die Programme laden nicht spürbar langsamer. Ich habe dann einmal meine normalen Arbeiten wie im Internet recherchieren, Webseite bearbeiten, E.Mails mit Outlook abrufen, CDs On-The-Fly brennen, usw. durchgeführt und keine große Einbußen vermerkt. Man merkt lediglich an bestimmten Punkten, dass einem die Leistung fehlt. So zum Beispiel beim Zusammenfügen von 5 kleinen, 250KB großen Filmdateien, wo der Rechner auf einmal unheimlich lange dauert. Auch das Bearbeiten von Bildern mit Photoshop erfolgte zwar mit einer kurzen, aber spürbaren Verzögerung, die im Normaltakt nicht auftraten. Dies sind aber alles in allem Kleinigkeiten, die wahrscheinlich nur einem Hardware-Interessierten auffallen.

3D Mark 01 und 03
Taktrate 3D Mark 01 3D Mark 01
XP 2500+ @ 1833 Mhz 8489 2386
XP 2500+ @ 600 Mhz 5303 2132

Im alltäglichen Anwendungen bringt der Athlon XP @600 Mhz kleine, aber zu verkraftenden Einschränkungen mit sich. Wie sieht es aber in Benchmarks oder Spielen aus? Kann man in Verbindung mit einer 600 Mhz-CPU und einer Radeon 9600 128 MB aktuelle 3D-Titel spielen? Ja, man kann, was die Benchmarks eindeutig zeigen. Der prozessorlastige 3D Mark 2001 büßt zwar deutliche Punkte ein (von 8489 auf 5303), aber dieser ist auch bekannt dafür, dass der Prozessor eine entscheidende Rolle spielt, was ihm Kritiker zurecht negativ vorwerfen. Erstaunlich aber war das Ergebnis im aktuellen 3D Mark 03, denn hier reduzierte sich das Ergebnis von 2386 auf 2132 Punkte. Das ist nicht wirklich viel und zeigt, dass die Grafikkarte immer noch der Hauptfaktor für die Leistungsfähigkeit in 3D Spielen ist.

PC Mark 04
Taktrate CPU Memory Grafik HDD Gesamt
XP 2500+ @ 1833 Mhz 3022 1958 1839 2567 3037
XP 2500+ @ 600 Mhz 1053 932 1760 2547 1206

Deutlich wird die Taktreduzierung erst im Systembenchmark PC Mark 04. Hier sinkt die Gesamtperformance auf fast ein Drittel, was sich durch die Bank weg in den Einzelkategorien widerspiegelt. Interessant der CPU-Score, denn hier sinkt die Punktzahl analog zur Taktrate auf ein Drittel. Der PC Mark 04 scheint richtig zu messen.

Stromverbrauch

Viele wissen gar nicht, wie viel Strom Ihr Rechner verbraucht. Die immer schneller werdenden Prozessoren ziehen deutlich mehr Strom, wie man es noch von den Prozessoren aus den 486er-Zeiten oder den ersten Pentium-Prozessoren her kannte. Verbrauchte ein 486er System aus dem Jahr 1993 noch gerade einmal 16 bis 40 Watt (ohne Monitor), so verbraucht der ALDI-Rechner mit einem Pentium 4 3000 Mhz schon satte 190 Watt. Übertaktet man nun noch die CPU, so steigt der Stromverbrauch drastisch an.

So viel wie der ALDI-Rechner erreicht mein System zwar nicht, aber mit ca. 130 Watt ist mein Athlon XP 2500+-Rechner auch gut dabei. Der Prozessor in einem Rechner ist zwar nicht die einzige Komponente, die Strom verbraucht, aber die folgenden Vergleiche zeigen, dass Prozessor mitunter den meisten Strom verbraucht!

AMD Athlon XP @ 2089 Mhz, 1,75V
Idle: 140-145 Watt
Last: 165-171 Watt
AMD Athlon XP @ 1833 Mhz, 1,65V
Idle: 120-124 Watt
Last: 140-145 Watt
AMD Athlon XP @ 600 Mhz, 1,625 V
Idle: 92-96 Watt
Last: 99-104 Watt
AMD Athlon XP @ 600 Mhz, 1,625 V (ohne Lüfter)
Idle: 87-88 Watt
Last: 92-64 Watt


Dieses Ergebnis zeigt ziemlich deutlich, dass der Prozessor den größten Teil des gesamten Stromverbrauchs bezieht. Betreibt man den Athlon XP 2500+ passiv, also zusätzlich noch ohne Lüfter, so verbraucht das gesamte System nur noch die Hälfte des Stromverbrauchs als ein Athlon XP 2500 @2089 Mhz. Deutlich zu sehen ist der Sprung vom Standard-Takt (1833 Mhz) zum übertakteten Zustand. Eine übertaktete CPU verbraucht deutlich mehr Strom, vor allem unter Volllast. Allein aus diesen Aspekten ist die Überlegung, eine CPU niedriger zu takten und ggf. passiv zu betreiben, sehr sinnvoll. Betreibt man beispielsweise einen Server, der Rund um die Uhr läuft, so kann man einiges an Stromkosten sparen.

Versuch, XP 2500+ passiv zu betreiben

Nun zum interessanten Teil: nachdem ich die Temperaturen und die Leistungsfähigkeit bei einer Taktrate überprüft und für ok bewertet habe, kam nun der entscheidende Punkt. Ich musste etwas tun, was mir nicht so leicht gefallen ist:

Ich habe das Case im laufenden Betrieb aufgeschraubt und die Stromkabel von den Lüftern abgemacht.

... lautlose Stille ... man kann selbst den Herzschlag hören, der bei mir bei min. 120 lag ... wusste gar nicht, dass der Kühlschrank so laut ist ...

Tja, so nen Rechner, der gar nichts von sich gibt, war schon ein wenig komisch. Aber ich hatte ja den Monitor, der mir zeigte, dass alles noch in Ordnung war! Ok, jetzt einmal die Temperaturen im Auge behalten, die jetzt kontinuierlich anstiegen. Innerhalb von wenigen Minuten lag diese dann schon bei über 30°C. Na gut, ist ja klar, das die Temperatur ansteigt, aber die Frage stellte sich nun, wie weit diese dann steigt und ob sie überhaupt mal anhält zu steigen. Die Grenze, die ich mir gesetzt habe, war ca. 55°C im Idle-Betrieb. Ich habe dann ein wenig im Internet gesurft und im ICQ gechattet. Immer die Temperatur im Auge, die ca. alle 2 Minuten um ein Grad anstiegen. Naja, bei 40°C habe ich gehofft, dass vielleicht bald das Maximum erreicht wäre, aber dem war nicht so. Die Temperatur ist weiter gestiegen und selbst bei 50°C hörte es nicht auf.

Athlon XP 2500+ Barton Passiv-Kühlung

Bei 58°C wurde der Versuch abgebrochen

Bei 58°C habe ich dann den Versuch abgebrochen und die Lüfter wieder angeschmissen, zuerst nur die Gehäuselüfter. Dann ist die Temp auch wieder drastisch gesunken, letztendlich bis 33°C. Trotzdem war ich ein wenig enttäuscht, dass die Temperatur so hoch gestiegen ist. das Problem war zum einen die hohe V-Core und zum anderen die sich aufstauende Luft, die nicht abgetragen werden konnte. Auch wenn die Temperatur bei 58°C geblieben wäre, hätte man von einem erfolgreichen Versuch nicht sprechen können, denn dann wäre der Test unter Volllast gekommen. Und hier wäre die Temperatur sicherlich auch über 60°C gestiegen, was man der CPU nicht hätte zutrauen können.

Fazit

So ohne weiteres ist es nicht möglich, einen aktuellen Prozessor passiv zu betreiben (zumindest nicht mit einem herkömmlichen Kühler). Es gibt mittlerweile auch einige professionelle Methoden, einen Prozessor passiv zu kühlen, dazu benötigt man aber ein spezielles Gehäuse, bei dem die komplette Seitenwand als Passiv-Kühl-Element dient und der Kühler mittels Heatpipe damit verbunden ist. So lassen sich selbst leistungshungrige Pentium 4 Prozessoren kühlen.

Ein Grund, warum der Versuch scheiterte, war sicherlich die viel zu hohe VCore. Würde mein Mainboard die Möglichkeit anbieten, die Spannung auf 1,0 V zu senken, wäre die Wahrscheinlichkeit sicherlich höher gewesen, dass dieser Versuch geklappt hätte. So muss ich nun mit der Ungewissheit leben, was aber auch nicht ganz so tragisch ist.