Strom messen mit einem Zangenamperemeter

Wer öfters Campingurlaub macht und unterwegs elektrische Geräte wie eine Kühlbox, Notebook-Ladegerät oder Fernseher betreibt, muss dessen Stromverbrauch kennen, ansonsten ist die Verbraucher-Batterie schneller leer als einem lieb ist. Aus eigener Erfahrung hatte ich des öfteren das Gefühl, dass die Batterie(n) im Camper viel zu schnell leer sind. Gefühl hierbei bedeutet gleichzeitig Unwissenheit, denn hier stellten sich gleich mehrere Fragen, die weder ich noch die von mir befragten "Experten" verlässlich beantworten konnten:

  • Sind die Batterien eventuell defekt oder altersschwach?
  • Gibt es einen Fehler beim Stromkreislauf?
  • Ist der 12V/230V Stromwandler das Problem und ich sollte zwingend auf 12V Betrieb umstellen?
  • Sind die Verbraucher zu stromhungrig und dadurch die Batterien unterdimensioniert?
  • Habe ich einfach falsche Erwartungen an die Laufzeit / Batteriekapazität?
  • Habe ich stille Verbraucher (Kriechstrom)?

Für mich als Elektro-Laie (maximal Elektro-Laie-mit-gefährlichem-Halbwissen) heißt also Fakten schaffen und den Stromverbrauch der einzelnen Geräte in Erfahrung bringen, um diese Fragen beantworten zu können.

Stromverbrauch im KFZ-Bereich mit einem Zangenamperemeter messen

Für das Messen im Haushalt gibt es einfache Strommessgeräte, die man in die Steckdose zwischensteckt. Im KFZ-Bereich aber wird 12V Gleichstrom (DC) eingesetzt und Steckdosen sind auch nicht vorhanden. Die klassische Messung erfolgt mit einem Multimeter. Der Nachteil: das Stromkabel muss durch das Multimeter in Reihe geschaltet werden, d.h. es muss getrennt und "überbrückt" werden. Wer will aber im schlimmsten Fall ein Kabel durchschneiden, um den Verbrauch zu messen? Außerdem sind die meisten Multimeter nur mit bis zu 10A abgesichert, d.h. man kann nur kleine Verbraucher messen.


Zangenampermeter. Wichtig ist, dass dieses sowohl Wechselstrom (230V AC) als auch Gleichstrom (12V DC) unterstützt
Unser Testgerät erhältlich für 39,99 Euro bei Amazon (Stand 17.07.20)

Viel einfacher ist der Einsatz eines Zangenamperemeters. Mit einem solchen Gerät wird der Strom "auf magische Weise von außen" gemessen. Das Stromkabel wird einfach vom Zangenamperemeter umschlossen, so dass dieses den Strom indirekt (u.a. Magnetfelder) misst.

Im Auto oder Camper ist der Einsatz dann Kinderleicht: man setzt das Zangenampermeter am Minuskabel der Auto-Batterie an und schaltet dann das zu messende Gerät ein. Somit lassen sich alle Verbraucher hervorragend messen und wie wir am Ende des Artikels sehen, war ich überrascht, wie hoch der Stromverbrauch von Auto-internen Geräten wie die Lüftung ist!

Video: wie misst man mit einem Zangenampermeter

Praxistest: Stromverbrauch der Kompressorkühlbox MobiCool FR 40

Die "Besonderheit" beim Stromverbrauch einer Kompressorkühlbox ist, dass dessen Energieverbrauch stark schwankt. Muss sie aktiv kühlen und der Kompressor ist aktiv, ist der Strombedarf am höchsten. Ist der Inhalt der der Kühlbox auf die gewünschte Temperatur heruntergekühlt, schaltet sich die Kühlbox auf Standby um. Daher sind die Angaben auf der Kompressorkühlbox zum Thema Energieverbrauch für die Praxis nahezu unbrauchbar.


Mobicool FR 40 für ca. 258 Euro bei Amazon (Stand 17.07.20, Bildquelle amazon.de)

Erfahrene Camper setzen daher folgende Tricks auf ihren Reisen um, so dass die Kühlbox so wenig wie möglich aktiv kühlen muss:

  • Kühlbox wird immer mit vorgekühlten Lebensmitteln und Getränken befüllt.
  • Im Sommer sogar mit tiefgefrorenen Getränken, die dann als zusätzliche Kühlung fungieren und eventuell als Wassereis für Erfrischung sorgen
  • Während der Fahrt werden auch Lebensmittel auf <0°C gekühlt, so dass diese während der Standzeit langsamer auftauen.
  • Kühlbox möglichst an schattigen und kühlen Orten aufbewahren

So viel zum Offtopic-Thema "Camping" :-)

In unserem Test haben wir die Kühlbox unter Maximallast getestet. 17°C in der Kühlbox ist der Ausgangswert, welcher auf 2°C heruntergekühlt werden soll. Testdauer jeweils ca. 30 Sekunden, während der Kompressor lief.

Die MobiCool FR 40 untersützt 12V und 230V Betrieb. Im Auto sollte immer 12V genutzt werden.
MobiCool FR 40 12V und 230V Betrieb
Die offiziellen Daten zum Stromverbrauch geben keine Auskunft, da Leerlauf und Volllast völlig unterschiedlich Energie verbrauchen.
Offizielle Daten zum Stromverbrauch
Wir testen mit dem Zangenampermeter direkt am Minus-Kabel der Starterbatterie. Die MobiCool wird dann im Auto betrieben.
Test mit Zangenampermeter an der Starterbatterie
Den Gegentest machen wir mit einem Multimeter. Das Minus-Kabel der Starterbatterie wird mittels Multimeter "überbrückt".
Multimeter-Messung an der Starterbatterie mit einem Multimeter

Testergebnisse Stromverbrauch

Die folgende Tabelle zeigt die Testergebnisse. Die Messung mittels Zangenampermeter wurde am Massekabel der Starterbatterie gemessen und alle Verbraucher sind auch an dieser angeschlossen (die Verbraucherbatterie wurde getrennt). Als Gegenprüfung wurde die Messung mit einem Multimeter durchgeführt und man sieht auch sehr schön die Messungenauigkeiten des Zangenampermeters. Diese sind aber im Rahmen, man bekommt also keine wissenschaftlich akzeptierten Messergebnisse, aber für den "groben Überblick" sind diese vollkommen ausreichend.

Verbraucher Messung
Zangenampermeter
Messung
Multimeter
Anmerkung
Allgemeiner Verbraucher T5
Grundverbrauch Tür geöffnet 0,25A 0,32A Innenbeleuchtung abgeschaltet
Licht eingeschaltet (Standlicht) 2,80A 2,80A
Radio läuft 0,60A 0,40A
Tür wird geöffnet 2,60A 2,60A kurzfristig für wenige Sek. Danach Grundverbrauch.
Standheizung Webasto Top C 15,00-22,00A - Gebläse auf Stufe 2. Anfangs hoher Stromverbrauch, dann auf ca. 15A eingependelt. Messung mit Multimeter nicht möglich, da max. 10A gesichert.
Zündschlüssel ein 15,00A - Messung mit Multimeter nicht möglich, da max. 10A gesichert.
Zündschlüssel ein + Lüfter auf Stufe 2 22,00A - Messung mit Multimeter nicht möglich, da max. 10A gesichert.
230V Stromwandler eingeschaltet (Eigenverbrauch) 0,70A 0,98A
Test MobiCool FR 40
Mobicool FR 40 (Kompressor läuft) 12V 2,80A 2,9-3,2A Messung am Multimeter über längere Zeit beobachtet
Mobicool FR 40 (Kompressor läuft) 230V 5,8A 6,6-7,1A angeschlossen über Stromwandler. Messung am Multimeter über längere Zeit beobachtet

Sehr interessant waren die Erkenntnisse bei den allgemeinen Verbrauchern in einem Auto. Viele werden gar nicht wissen, dass eine geöffnete Tür für einen minimalen Stromverbrauch sorgt. Wer also einen längeren Zeitraum auf einem Campingplatz steht, die Tür zum Vorzelt offen lässt, wird eine leere Batterie als Ergebnis haben. Hier sind wahrscheinlich Steuergeräte aktiv, wenn die Tür offen ist.

Ein laufendes Radio mit ca. 0,4-0,6A ist nicht wirklich das Problem. Wer aber im Sommer den Zündschlüssel startet, um die Lüftung zu starten, wird mit 22A die Batterie innerhalb von 1-3 Stunden leergesaugt haben! Das ist übrigens auch der Grund, warum eine Standheizung sich nach 30 Minuten automatisch abschaltet, da hier die Lüftung des Autos aktiv ist. Camper sollten daher auf eine Luftheizung ausweichen, da hier eine eigene (einfache + stromsparende) Lüftung die Wärme ins Auto pustet.

Ein Blick auf die MobiCool FR 40 Kompressorkühlbox zeigt unter Volllast (Kompressor brummt) Werte um die 3A an. Wer also im Hochsommer die Kompressorkühlbox betreibt und diese durchgängig auf Volllast läuft, verbraucht innerhalb von 24 Stunden ungefährt 72 Ah (24h * 3A = 72Ah), also die gesamte Leistung einer typischen Versorgerbatterie mit einer Kapazität von 80Ah.

Wichtig ist, dass die MobiCool FR 40 über 12V betrieben wird. Versorgt der Stromwandler die MobiCool mit 230V, so steigt der Stromverbrauch auf ca. das Doppelte an! Hier gilt die Regel: wenn möglich, immer auf 12V Betrieb umstellen, da hier Wandlungsverluste vermieden werden.

Stille Verbraucher und Kriechstrom ausfindig machen

Wir haben in diesem Artikel gemessen, wie hoch der Energiebedarf einzelner Verbraucher ist. Diese Methode lässt sich auch hervorragend dafür verwenden, "Stille Verbraucher" bzw. "Kriechstrom" im Auto festzustellen. Wer also sein Auto über einige Tage nicht bewegt und anschließend eine leere Batterie vorfindet, hat entweder Verbraucher im Auto, die sich nicht abschalten und durchgängig Strom verbrauchen, oder eine defekte Batterie. Bevor man nun auf gut Glück eine neue und teure Autobatterie kauft, sollte man das Problem "Stille Verbraucher" vorher ausschließen.