Stromverbrauch: Thermal Design Power (TDP), Scenario Design Power (SDP) und Average CPU Power (ACP)

Die Leistungsaufnahme (umgangssprachlich Stromverbrauch genannt) nimmt einen immer wichtigeren Stellenwert ein und ist eine wichtige Kennzahl für unterschiedliche Zielgruppen. Der Anwender von mobilen Geräten wie Tablet-PC oder Notebook/Ultrabook ist an langen Akkulaufzeiten und energieeffizienten Prozessoren interessiert. Ein Systemadministrator hingegen möchte einen stabilen Betrieb der Server durch eine ausreichende Kühlung erreichen. Und nicht zuletzt die so genannten "Thermal Design Ingenieure" der Industrie benötigen genaue Informationen zum Stromverbrauch einer CPU, um für die ausgelieferten PC-Systeme eine optimale Kühlung zu gewährleisten.

Mittlerweile gibt es unterschiedliche Angaben zum Stromverbrauch, die uns die großen Prozessorschmieden Intel, AMD oder ARM zur Verfügung stellen. In Zeiten der Pentium 4 Prozessoren wurde einfach der maximale Stromverbrauch angegeben. Das ist heute anders. Neben dem bekannten Thermal Design Power (TDP) existieren nun auch die von AMD eingeführte Average CPU Power (ACP) und das von Intel Anfang 2013 verwendete Scenario Design Power (SCP). Diese Angaben zur Leistungsaufnahme unterscheiden sich grundlegend voneinander. In diesem Artikel werden TDP, ACP und SCP näher erläutert.

Messung des CPU-Stromverbrauchs: TDP, SDP, ACP
Messung des CPU-Stromverbrauchs: TDP, SDP, ACP

Diese Grafik zeigt beispielhaft den Stromverbrauch einer CPU, wie sie im Alltag bei unterschiedlichen Anwendungen variiert. Wenn der Anwender mit dem PC arbeitet, wird die CPU unterschiedlich stark beansprucht. Mal schlummert sie vor sich hin, während sie ein anderes mal bis ans Maximum ihrer Leistungsfähigkeit gebracht wird. Meistens liegt aber die Auslastung irgendwo dazwischen.

Aufgrund der starken Schwankungen und den vielen Stromsparmechanismen wird der Stromverbrauch nun marketing-optimiert angegeben. Früher fand man in den Spezifikationen den maximal gemessenen Stromverbrauch (3) wieder, welcher individuell für eine einzelne CPU analysiert wurde. Die weit verbreitete TDP-Angabe orientiert sich ebenfalls am maximalen Stromverbrauch einer CPU. TDP ist aber etwas ungenau, denn die realen Stromspitzen können kurzzeitig über der TDP-Angabe liegen (1) oder diese in der Praxis niemals erreichen (2). Einen komplett anderen Ansatz verfolgen die ACP- und SCP-Angaben (4): hier stellt der durchschnittliche und typische Stromverbrauch die Basis für die Kennzahl in Watt, welcher mithilfe von Benchmarks ermittelt wird.

Deutlich erkennbar ist, dass die unterschiedlichen Angaben nicht miteinander vergleichbar sind. Thermal Design Power orientiert sich am maximalen Stromverbrauch und garantiert, dass die CPU selbst bei kontinuierlicher Vollauslastung ausreichend gekühlt wird. Dagegen sind die Angaben zum Average CPU Power oder Scenario Design Power wesentlich niedriger. Die Angaben sind interessant für Anwender und Administratoren, da sie realistische Angaben zum durchschnittlichen Stromverbrauch in der Praxis wiedergeben. Hier fließen auch effektive Stromsparmechanismen in die Berechnung ein, denn in seltensten Fällen läuft eine CPU am Maximum. Im Gegenteil: Office-Aufgaben, Multimedia oder Surfen im Internet langweilen die CPU.

Durchschnittliche bzw. typische Angaben zum Stromverbrauch sind gerechtfertigt

Böswillig könnte man sagen, dass mit ACP und SCP der Anwender mit "geschönten" Zahlen getäuscht wird, da diese doch niedriger als die TDP-Werte sind. Dies stimmt aber nicht, da der Ansatz von durchschnittlichen Watt-Angaben gerechtfertigt ist. Ein moderner Prozessor zeichnet sich nicht nur durch seine reine Rechenleistung, sondern auch intelligenten Techniken wie effektiven Stromsparmechanismen aus. An dieser Stelle sind maximale Angaben zum Stromverbrauch uninteressant, da unter Volllast nun mal keine Stromsparmechanismen aktiv sind.

Wer heute aber nach einem stromsparenden Prozessor sucht, verlässt sich auf Watt-Angaben in Form der Thermal Design Power. Dass dies nicht immer der richtige Weg ist, verdeutlicht folgendes Beispiel: wir haben die Wahl zwischen einer AMD- und Intel-CPU. Beide Modelle haben eine TDP von 45 Watt, verbrauchen unter Volllast also bis zu 45 Watt. AMD gibt den typischen Stromverbrauch (ACP) mit 20 Watt an. Intel erreicht aufgrund besserer Stromsparmechanismen eine SDP von nur 10 Watt. Für welches Modell entscheidet man sich nun? Dem Systemadministrator, dessen Server optimalerweise voll ausgelastet sind, ist es egal. Der Otto-Normal-Anwender hingegen entscheidet sich logischerweise für die Intel-CPU. Unsere Erkenntnis: durchschnittliche Watt-Angaben sind für die Praxis in der Regel aussagekräftiger, da sie die Stromsparmechanismen einer CPU berücksichtigen.

Thermal Design Power (TDP)

Thermal Design Power (TDP) wird zum heutigen Stand (08/2013) als Standard-Angabe zum Stromverbrauch genutzt. Konkret gibt sie Auskunft darüber, welche Kühlleistung benötigt wird, um den Prozessor unter Dauerbelastung ausreichend zu kühlen. D.h. die Watt-Angaben sind nur Annäherungswerte und geben nicht die korrekte maximale Leistungsaufnahme wieder. Intel schreibt folgendes in dem Whitepaper TDP/ACP darüber.

The upper point of the thermal profile consists of the Thermal Design Power (TDP) and the associated Tcase value. Thermal Design Power (TDP) should be used for processor thermal solution design targets. TDP is not the maximum power that the processor can dissipate. TDP is measured at maximum TCASE. [...] The thermal design power is the maximum power a processor can draw for a thermally significant period while running commercially useful software.

Der TDP-Wert ist primär für Thermal Design Ingenieure geeignet, da hierbei die maximale Wärmeentwicklung (TCASE) als Variable miteinfließt.

Vergleicht man in den Prozessorlisten die Angaben zum Stromverbrauch früherer und aktueller Prozessoren, so werden TDP-Gruppenwerte in einer Prozessorserie deutlich. Die Intel Core i7 (4. Gen) Desktop-Modelle sind mit 35, 45 und 84 Watt erhältlich. Trotz unterschiedlicher Taktraten, Produktionsqualität der Chips und anderer Einflussfaktoren haben Modelle innerhalb einer TDP-Gruppe eine identische Angabe zum Stromverbrauch. Es wird deutlich, dass dies nicht der wahre maximale Stromverbrauch sein kann. Letzterer kann die TDP-Angabe kurzfristig übersteigen (Intel spricht von worst case scenarios with wors case applications). Andererseits erreichen kleinerer Modelle den TDP-Wert niemals.

It is possible for the processor to consume more than the TDP power for a short period of time that isn’t “thermally significant. For example, a processor might consume slightly more power than the rated TDP value for say one microsecond…but then consume less power than the rated TDP value for a long period of time.

Anders ist es bei den alten Pentium 4 Modellen: hier handelt es sich um die reale, individuelle bzw. maximale Leistungsaufnahme (Stromverbrauch).

TDP Übersicht

  • Definiert thermische Ziele, nicht die maximale Leistungsaufnahme
  • Primär für Konzeption von Kühllösungen geplant
  • Die reale Leistungsaufnahme einzelner Modell variiert (TDP-Gruppen)
  • Ebenfalls fließt die maximale Temperatur (TCASE) mit ein

Average CPU Power (ACP)

Mit Average CPU Power (ACP) versucht AMD den Stromverbrauch unter einer typischen Belastung anzugeben, in dem die Leistungsaufnahme der CPU unter fünf Benchmarks ausgewertet wird. Primär verwendet AMD die ACP-Angaben für Serverprozessoren wie den Opteron Modellen. Folgende Tabelle zeigt, dass die ACP-Angaben deutlich niedriger als TDP-Angaben sind, da die Prozessoren in den verwendeten Benchmarks nur teilweise voll ausgelastet sind.

AMD: TDP und ACP im Vergleich

Auch dieser Ansatz hat seine Berechtigung, denn AMD versucht die Effektivität einer CPU unter typischen Einsatzbereichen zu ermitteln, was für energieoptimierte und stromsparende Systeme interessant ist. Wie hoch ist der Rechenaufwand einer CPU zur Berechnung einer bestimmten Aufgabe? Ist die Architektur intelligenter, wird weniger Strom verbraucht, da beispielsweise der CPU-Takt und -Auslastung nicht auf Maximum geschraubt werden muss? Je besser eine CPU hierbei abschneidet, desto geeigneter ist diese für den Einsatz stromsparender Systeme. Maximal-Angaben sind hierbei nur bedingt brauchbar.

If a thermal engineer designs to ACP, it is likely the design will be undersize and not keep the processor within its thermal specifications.

Problematisch wird es, wenn man ACP- und TDP-Werte miteinander vergleichen muss. Die Aussagekraft tendiert hier gen Null, da grundlegend unterschiedliche Messmethoden dahinter liegen. Außerdem ist es fraglich, ob die verwendeten Benchmarks nicht gezielt für AMD-Prozessoren ausgewählt wurden.

ACP Übersicht

  • Eingeführt für AMD-Serverprozessoren
  • Typische Auslastung unter Verwendung von 5 Benchmarks (TPC Benchmark*-C, SPECcpu*2006, SPECjbb*2005,STREAM)
  • ACP-Angaben liegen deutlich unter TDP-Angaben
  • Interessant für Server-Administratoren, die Wert auf energieeffiziente CPUs legen

Scenario Design Power (SDP)

Was AMD bei den Server-Prozessoren eingeführt hat, kommt bei Intel Prozessoren erstmals bei den Core-Prozessoren der vierten Generation (Haswell-Mikroarchitektur) unter dem Namen Scenario Design Power (SDP) zum Einsatz. Der Ansatz ähnelt AMD's ACP, indem Benchmarks die typische Nutzung eines Prozessors simulieren, so dass ein durchschnittlicher Stromverbrauch berechnet werden kann. Intel schreibt in einem weiteren Whitepaper:

Scenario Design Power (SDP) is a usage-based design specification, and provides an additional reference design point for power constrained platforms. SDP is a specified power level under a specific scenario workload, temperature, and frequency.

Welche Benchmarks für den SDP-Wert herangezogen werden, hat Intel noch nicht im Detail erläutert. Ziel ist es aber, das Arbeits- und Nutzungsverhalten eines normalen Anwenders zu simulieren. Konkret sind dies Anwendungen wie E-Mail, Surfen im Internet, Multimedia (Videos, Musik usw.), Office und einfache 3D-Spiele.

SDP-Angaben sind ebenfalls deutlich niedriger im Vergleich zu TDP-Angaben. Die Presse wunderte sich, als Intel erstmals Low-Voltage-Prozessoren veröffentlichten, die im Vergleich zu den Vorgängern 7 statt 13 Watt verbrauchten. Nachdem sich heraustellte, dass hier SDP- mit TDP-Werten verglichen wurde, war die Enttäuschung zuerst groß, da Intel die Erklärung zur neuen Art der Berechnung des Stromverbrauchs nicht oder kaum erläuterte.

Intel Scenario Design Power

SDP-Angaben sind für Thermal Design Ingenieure unbrauchbar. Würden sie die Kühllösung anhand des Scenario Design Powers entwickeln, wären diese unterdimensioniert. Auch normale Anwender erreichen eine Volllast über längere Zeiträume, beispielsweise bei aufwendigen 3D-Spielen oder Videoschnitt. SDP gibt aber einen realistischen Eindruck über den Stromverbrauch bei typischen Anwendungen. Wie bereits zu Beginn erläutert, sind intelligente Prozessoren effizienter, was zumeist auch den Mehrpreis im Vergleich zu Einsteiger-Prozessoren ausmacht. Diese Energie-Effizienz lässt sich mittels TDP nicht deutlich machen und daher ist SPD vom Grundsatz eine sinnvolle Idee.

Wie bei AMD's ACP sind die Messmethoden zu hinterfragen. Welche Benchmarks werden verwendet? Wie sehen die Testszenarien aus und sind diese wirklich Anwender-typisch? Wir kennen mittlerweile die Marketingstrategen der Chip-Hersteller und es wäre nicht das erste Mal, dass Nutzer zu deren Gunsten getäuscht werden. Intel bleibt weiterhin eine ausführliche Erläuterung des SDP-Angaben schuldig.

SDP Übersicht

  • Typischer, durchschnittlicher Stromverbrauch
  • Basis zur Berechnung sind Benchmarks aus dem Bereich Office, Multimedia und 3D-Spiele
  • SDP-Angaben liegen deutlich unter TDP-Angaben
  • SDP spiegelt nicht den maximalen Stromverbrauch wieders
  • Ziel: Stromverbrauch unter Bedingungen ermitteln, wenn der Anwender normal mit dem System arbeitetd

Quellen zu TDP, ACP, SDP

PC-Erfahrung.de wertete bereits in diesem etwas älteren Artikel den Stromverbrauch von PC-Systemen und Prozessoren aus.

AMD-Whitepaper: ACP – The Truth About Power Consumption Starts Here

Intel-Whitepaper: Measuring Processor Power

Intel-Whitepaper: Mobile 4th Generation Intel® Core™ Processor Family